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Late Night "Maischberger": Marshallplan und Schuldenpolizei für Euro-Sünder
Tagesaktueller kann Polittalk kaum sein: Während sich der Bundestag in seiner ersten Sitzung nach der Sommerpause mit dem Bundeshaushalt beschäftigt, der Dax auf ein Zweijahrestief fällt und Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) den Griechen mit dem Einstellen der Unterstützung droht, sorgen sich Sandra Maischbergers Gäste mehr oder minder stark um unser aller Geld.
Das erste Wort in ihrer Sendung unter dem Motto „Das Euro-Debakel – Ein Schrecken ohne Ende?“ hat, obwohl gar nicht anwesend, der Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann: Es sähe schon wieder so ähnlich aus wie bei der letzten Finanzkrise 2008, wird er zitiert. Was folgt, ist eine nur punktuell muntere Diskussion und im Großen und Ganzen eine Reihe aufeinanderfolgender, unterschiedlicher Krisendiagnosen mit Vorschlägen zur Milderung der Lage.
Marshallplan für Länder mit Schuldenexplosion
Griechenland wird auch hier zuerst in den Fokus genommen. Klaus von Dohnanyi (SPD), Ex-Minister und ehemaliger Bürgermeister Hamburgs, ist sich mit der ARD-Börsenjournalistin Anja Kohl einig, dass Griechenland „es so nicht schaffen werde“. Er regt einen Marshallplan für den rezessionsgebeutelten Staat an und für Europa eine zentrale Instanz, die über die Schulden wacht, ein fiskalisches Management, das dafür sorgt, dass es in Europa keine Schuldenexplosion gibt. Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium Peter Hintze (CDU), mahnt, man könne die Griechen nicht einfach aus dem Verbund der Euro-Länder herausreißen. Die Forderungen der EU-Troika aus Vertretern der EU, der Europäischen Zentralbank und des Internationalen Währungsfonds (IWF) müssten allerdings erfüllt werden. Hintze ist da optimistisch, Irland und Portugal seien auch in der Lage gewesen, ihre Politik entsprechend den Forderungen umzustellen.
Mit der Frage nach dem Verbleib im Euro-Raum ist das Reizthema des Abends ausgesprochen, schließlich geht es um die möglichen Folgen des Währungsdebakels. Die steile These des Ökonomen Hans-Joachim Voth, Deutschland könne aus dem Euro aussteigen, ohne eine Katastrophe herauf zu beschwören, trifft auf breiten Widerspruch. An dieser Stelle – wie auch an anderen – verliert sich das Gespräch ein wenig in ökonomischen Details, eine Schwäche, die bei dieser Themenwahl allerdings nahe liegt.
Die Banken und die Lehre der Schuldenfalle
Hintze kontert Voth noch mit dem Hinweis, der Euro habe ja beträchtliche Wohlstandsgewinne für Deutschland gebracht, und zielt damit wohl auf das Ohr des Steuerzahlers. Aus der bis hierhin zwischen den Zeilen mitlaufenden Drohung, die Schuldenkrise könne auch für die Deutschen katastrophale Folgen haben, schält sich allmählich ein noch großräumigeres Krisenthema heraus: die Handlungsunfähigkeit des Staates und was sie mit dem Wirken der Finanzmärkte zu tun hat.
Bundespräsident Christian Wulff hatte das Thema vor zwei Wochen in seiner Lindauer Rede angesprochen. Voth ist erneut der Dezidierteste in der Runde, wenn er sagt, das Problem der Regulierung der Finanzmärkte hätten wir noch gar nicht richtig angepackt. Er spielt damit auf die Warnung an, die die Krise von 2008 hätte sein können. Die Warnung wird von Maischbergers Gästen allerdings unterschiedlich bewertet.
Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des deutschen Bankenverbandes, betont – nicht ganz überraschend – die Banken hätten in den vergangenen drei Jahren gelernt, es habe sich einiges geändert, das die Öffentlichkeit nicht habe bemerken können. Märkte und Banken seien stabil.
Sowohl Voth („Märkte und Banken kann man regulieren“) als auch die Journalistin Tissy Bruns sind skeptischer. Bruns weist darauf hin, dass Märkte und die Art, wie sie reagieren, sich historisch stets verändert hätten.
Keine Finanz-, sondern eine Kulturkrise
Das zentrale Problem in all dem scheint jedoch der in vielen Facetten auftretende Mangel an Vertrauen zu sein: Die Banken trauen den Banken nicht mehr und leihen sich gegenseitig weniger Geld. Die Ratingagenturen trauen den überschuldeten Staaten nicht mehr. Die Bürger trauen weder der an die Kette gelegten Politik noch den entfesselten Märkten. Was wird aus meinem Geld, fragen sich die kleinen Sparer. Um auch diese Sorge aufzugreifen, geben der TV-Börsenexperte Mick Knauff und Anja Kohl Tipps für Kleinanleger. Aktien seien weiter sichere Anlagen, Devisen dagegen nix für Ottonormalverbraucher, weil ihre Preise zu stark schwankten. Gold solle man zur Sicherheit als Beimischung im Anlageportfolio haben; Immobilien kaufen, wenn sie nicht zu teuer seien und man selbst darin wohne wolle.
Es sollte doch arg verwundern, wenn ein paar schnelle Ratschläge den Verbrauchern das Vertrauen in ihre Geldanlagen zurückbringen könnten. Der Bürger steht ratlos vor der Finanzkrise, die Erhellung, für die sich Maischberger am Ende bei allen bedankt, bleibt aus.
Man bekommt eine Ahnung, dass das bei den anwesenden Experten nahezu ebenso gilt. Die Veränderungen und ihre Folgen, die noch auf uns zukommen, sind längst zu groß, als dass sie noch jemand überschauen könnte – weil die Krise eine kulturelle Krise ist, weil nicht nur der Euro schwächelt und die Schulden zu hoch sind, sondern das ganze System bröckelt. Wie will man da noch mit tagesaktuellem Talk den Überblick behalten? Klaus von Dohnanyi (SPD, ehem. Bundesminister für Bildung und Wissenschaft, ehem. Bürgermeister von Hamburg): „Nicht die Märkte treiben die Politik, sondern die wahren Versager sind in der Politik." Peter Hintze (CDU, Parlamentarische Staatssekretär des Bundesministeriums für Wirtschaft, früherer Pastor): „Wir schaffen das. Wir haben eine starke Währung und eine starke Wirtschaft." Anja Kohl (ARD-Börsenjournalistin): „Die Finanzmärkte wollen eine Antwort: mehr Europa, oder weniger Europa." Tissy Bruns (Chefkorrespondentin des „Tagesspiegel"): "Die Politik soll aufhören, sich alles von den Finanzmärkten diktieren zu lassen. ... Wir brauchen eine Redemokratisierung in Europa, sonst nützen diese ganzen Vorschläge nichts." Michael Kemmer (Hauptgeschäftsführer des deutschen Bankenverbandes): „Die deutsche Wirtschaft ist robust." Prof. Dr. Hans-Joachim Voth (Wirtschaftswissenschaftler): „Wir verlieren ja nicht alles von Europa, wenn wir den Euro verlieren." Mick Knauff (Börsenexperte, Deutsches Anleger Fernsehen, N24): „Den Börseneinbruch hätte ich vor sieben, acht Monaten erwartet, als Griechenland begann, Schwierigkeiten zu haben. Doch erst als der große Sanierer Amerika niedriger geratet wurde, da ging das Vertrauen verloren."
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Категория: Мои статьи | Добавил: evgenijzhukov (07 Sept. 2011)
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