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Meinung | Terrorismus: Was Anders Breivik und Mohammed Atta verbindet
Der Terrorist ist eine Figur, die im Niemandsland zwischen Wahn und Politik ihr Unwesen treibt, die weder hier noch dort verhaftet werden kann. Müßig ist darum der Streit, ob Anders Behring Breivik nun mehr ein Irrer ist oder mehr ein Faschist oder mehr ein Verbrecher. Er kann das eine nicht ohne das andere sein, und seine Tat wäre nicht denkbar außerhalb dieser Schnittmenge.
Der Terrorist ist im Wortsinne unser Geselle geworden im 20. Jahrhundert der Nihilisten und Massenmörder. Seit der Begegnung mit al-Qaida verstehen wir allmählich, wie universell dieses Phänomen ist und wie wirksam es sein kann. Deshalb fragen wir uns nur umso mehr: Was verbindet uns damit?
Wir sollten das bis jetzt Gelernte anwenden auf den Fall Breivik. Wir müssen es sogar, denn bei näherem Hinsehen gibt es zu viele Parallelen zwischen ihm und den modernen Dschihadisten und zwar auf eben jener Analyse-Ebene, die zunehmend in den Mittelpunkt der Terrorforschung rückt: die individuelle Biografie.
Die Geschichte von verblüffend vielen bestimmenden Islamisten lässt sich ebenso wie die Breiviks in einer knappen Formel zusammenfassen: Sie sind blockierte Elitekinder: Der Diplomatensohn Breivik, den sein Vater früh verließ. Osama Bin Laden, das Kind eines saudi-arabischen Baulöwen, das bei einem der Angestellten aufwuchs, nachdem der Vater die junge Mutter kurz nach der Geburt fortgeschickt hatte.
Bin Ladens Gefährte Aiman al-Sawahiri, der Arzt, der als Islamist jahrelang im Gefängnis gefoltert wurde. Der diplomierte Stadtplaner Mohammed Atta, der in einem winzigen Zimmer in Harburg festsaß, weil seine Familie in Kairo keine Anstellung für ihn fand.
An sozialen Schranken verzweifelt
So geht es weiter in den Reihen der Dschihadisten, die zu einem bedeutenden Teil den Elternhäusern der arabischen Welt entstammen, die eine bürgerliche Elite hervorbringen würden – wenn es dort bürgerliche Gesellschaften gäbe.
Selbst die Urväter des modernen Islamismus passen in die Reihe der gebrochenen Prinzlein: Hassan al-Banna, in den 20er-Jahren Gründer der ägyptischen Muslimbrüder, und Said Qutb, der 30 Jahre später aus der Ideologie eine Grundlegung zum Mord machte, waren begabte Akademiker, die an sozialen Schranken scheiterten, verzweifelten.
Nicht nur die Lebenswege gleichen sich. Die Ideologie der Männer entspringt einem bedrohlichen Bruch in der Wirklichkeitswahrnehmung, am Kollisionspunkt zwischen dem, was sie hätten sein müssen und dem, was sie waren.
Der Salafismus, wie er Ende des 19.Jahrhunderts in Ägypten entstand, erzählt die Geschichte vom gottgegebenen Weltreich, das die Muslime durch Glaubensschwäche verspielten. Es wird wiedererstehen, wenn sie zurückgehen in der Geschichte, zur Lebensweise des Propheten, zur seligen Kindheit der Religion.
Nur zur Tat muss er sich entscheiden
Dann wird Gott ihnen den Sieg über die Ungläubigen schenken, und die Sklaven von heute werden die Herren sein, als die sie geboren wurden. Es ist eine Rachefantasie und eine kollektive Identitätssuche. Sie enthält zugleich einen gebieterischen Lockruf an den Einzelnen, seine bestimmte Tragödie in einem kathartischen Welttheater umzukehren. In einem Feuersturm. Nur zur Tat muss er sich entscheiden.
Vom ersten Alarm bis zur Überwältigung des Attentäters Anders Behring Breivik auf der Insel Utoya verging exakt eine Stunde. Aus Behördenprotokollen ergibt sich der folgende Ablauf:
17.27 Uhr: Die Bezirkspolizei Buskerud bekommt eine erste Meldung über Schüsse auf der Fjordinsel Utoya.
17.38 Uhr: Die örtliche Polizei bittet die Zentrale in Oslo um Einsatzkräfte.
17.52 Uhr: Eine Patrouille kommt zum Tyrifjord. Ein geeignetes Boot zur Überfahrt auf die kaum einen Kilometer entfernte Insel muss erst geordert werden.
18.09 Uhr: Die Antiterror-Einheit "Delta" aus Oslo trifft am Fjordufer ein.
18.25 Uhr: "Delta" betritt zusammen mit örtlichen Polizisten die Insel Utoya.
18.27 Uhr: Der Attentäter Anders Behring Breivik lässt sich ohne Gegenwehr von den Einsatzkräften festnehmen.
Quelle: Online-Ausgabe der Zeitung "Verdens Gang"/dpa
Das scheint auch die Geschichte von Anders Behring Breivik zu sein. Was wir über sein Leben wissen, ist lückenhaft, aber sicher ist, dass er dem Großbürgertum entstammte und offenbar weit davon entfernt war, diese Stellung aus eigener Kraft behaupten zu können. Mehrere Versuche, als Unternehmer zu reüssieren, scheiterten.
Zu Beginn seines Manifestes betont er, wie viel Geld er in sein furchtbares Projekt investiert habe und weist dabei den Teilbetrag aus, der sich nur rechnerisch ergibt: als Summe möglicher Einnahmen, die Breivik entgingen, weil er sich dem Terror widmete statt dem Berufsleben. So komisch, so traurig kann man ein Verbrechen protokollieren. Als Fehlbetrag dessen, was hätte sein können.
Was wirklich mit Breivik geschah, das wissen wir; wie er untergetaucht ist in einer Sagenwelt von Tempelrittern, die er sich ausmalte als edle Urzeit. Sogar die Ritterroben wallen so weiß wie die Prophetengewänder der Islamisten. Wie er Gleichgesinnte gesucht hat, die diese alternative Wirklichkeit verstärkten. Wie alles auf die Tat zulief, die aus dem ganzen schwitzigen Konstrukt Weltgeschichte machen sollte.
Die europäische Identitätskrise
Am traurigsten ist, dass der letzte Teil des Plans gelang. Aber so musste es kommen. In diesem Wahn steckte von Beginn an auch gesellschaftliche Wirklichkeit. Wie in dem der Islamisten, die ihre Tragödie verschmelzen mit jener der realen arabischen Welt.
Jeder Terror erzählt unerträglich laut und verzerrt eine Geschichte über seine Zeit, seinen Ort. Das ist es, worüber wir reden sollten: Über die europäische Identitätskrise, die da einen exzessiven Ausdruck gefunden hat.
Die Geschichte von Breivik erzählt auch jene des europäischen Bürgertums, das sich so grenzenlos bedroht fühlt. Seine Fressfeinde sind zuallerletzt muslimische Sozialhilfeempfänger. Es sind viel eher indische Topmanager, chinesische Parteifunktionäre, russische Zocker. Die Gefahr, das ist der bröckelnde Euro, sind die uferlosen Kriege. Und wie wir immer schwächer werden, ärmer, älter, weniger.
Das alles sind in Wahrheit keine Gefahren. Wir fürchten uns nur, weil wir nicht wissen, was wir dem entgegensetzen sollen, nicht wissen, wie wir unsere Geschichte weitererzählen sollen, jetzt, wo wir nicht mehr die Weltgeschichte diktieren.
Die Chance der Prüfung Breivik
Das ist die Chance, die in der Prüfung Breivik liegt: Wir können uns als stärker erweisen, als wir glaubten. Nicht indem wir Ritter spielen oder Prophet. Sondern indem wir unsere Geschichte gut fortsetzen. Genau das versucht Norwegens Premier Jens Stoltenberg gerade, wenn er immer wieder verkündet, sein Land wolle jetzt ganz im Gegensatz zu dem Erwartbaren noch demokratischer werden, noch liberaler, noch menschlicher.
Ja, da ist Kitsch dabei. Aber auch Mut, wenn einem gerade Trümmer um die Ohren geflogen sind. Das ist der Mut, mit dem die Londoner – Christen, Muslime, Juden und der ganze Rest – am Tag nach den Bombenanschlägen 2005 Straßenpartys geschmissen haben; wie sie erst recht in die U-Bahn gestiegen sind, selbst wenn sie Autos hatten.
Das ist so mutig und pragmatisch und kreativ. Das ist verdammt europäisch. Mehr davon!
Категория: Мои статьи | Добавил: evgenijzhukov (31 Juli 2011) W
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